Lage in Ostukraine: Zahl der Beschießungen stieg ganze Woche lang
Die Situation im Raum des Donbass-Konflikts zeigte im Laufe der Woche eine nachhaltige Tendenz zur Eskalation. Mit jedem neuen Tag unternahmen die russischen Besatzungstruppen immer mehr gezielte Beschießungen. Diese Zahl stieg innerhalb der Woche von 10 bis 20 Provokationen. Infolge dieser Kampfhandlungen erlitten die Antiterrorkräfte an diesen Tagen wesentliche Verluste: 4 Militärangehörige wurden getötet und 16 verletzt. Die Verwendung der von den Minsker Vereinbarungen Waffen - 120-mm-Minenwerfer und an 2 Tagen auch die 122- und 100-mm-Kanonen - wurde täglich vom Operativstab der Antiterroroperation festgestellt. Die Anhäufung verbotener Waffen außerhalb der für sie laut den Minsker Vereinbarungen festgelegten Stationierungsorten auf dem okkupierten Territorium haben die Drohnen der OSZE-Beobachtungsmission im Laufe der Woche beobachtet. Darüber teilte der ATO-Pressesprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums Dmytro Huzuljak unter Berufung auf die ukrainische Seite des gemeinsamen Zentrums für Kontrolle und Koordinierung der Waffenruhe am Freitag mit. Außerdem informierte er über die Ankunft russischer Offiziere auf das okkupierte Territorium zwecks der Ablösung.
O-TON: Unsere Militäraufklärung berichtet, eine Gruppe von ca. 200 Offizieren kam aus Russland in den okkupierten Donbass. Sie wurden auf dem Truppenübungsplatz bei der Siedlung Manujliwka untergebracht. Nach einer kurzen Schulung werden diese Militärs ihre Kollegen in den Einheiten der Besatzungstruppen ablösen.
Zu den wohl wichtigsten Ereignissen in dieser Woche gehörte die Unterzeichnung und Inkrafttreten des Gesetzes über die Reintegration des Donbass. In ukrainischen Medien wurde am Freitag das am 20. Februar vom Präsidenten Poroschenko unterzeichnete Gesetz über Reintegration des Donbass veröffentlicht und somit in Kraft getreten. Das Gesetz systematisiere den Einsatz der ukrainischen Streitkräfte für die weitere Erfüllung der Kampfaufgaben und sehe die Veränderung des Formats dieses Einsatzes, teilte der Generalstabchef der ukrainischen Armee Wiktor Muschenko in einem Interview dem Radio Liberty mit. Nach seinen Worten, werde die Antiterroroperation ATO abgeschlossen und es finde der Übergang zur Operation der vereinigten Kräfte statt. Es wurde, ihm zufolge, ein vereinigter Operativstab gebildet, der die Leitung der Operation in beiden Gebieten Luhansk und Donezk übernehme.
Ukraine gedachte der Helden der himmlischen Hundertschaft
Vier Jahre ist es nun her: Am 20. Februar 2014 erreichten die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Protestierenden und Regierungskräften auf dem Maidan in Kiew ihren Höhepunkt. Die Eskalation, die am 18. Februar begann, führte zu fast einhundert Todesopfern unter den Regierungsgegnern. Die meisten von ihnen kamen am 20. Februar um, sie wurden unter den bis heute nicht geklärten Umständen durch Scharfschützen getötet. Insgesamt erreichte die bestätigte Zahl der Maidaner, die seit Beginn der Proteste getötet wurden, 106 Menschen – auch fast zwanzig Polizisten und Soldaten des Innenministeriums starben. Die gefallenen Protestierenden werden in der Ukraine als „Himmlische Hundertschaft“ bezeichnet – in Anlehnung an die Aufteilung der Maidan-Kämpfer in Hundertschaften. In der Ukraine werden sie als Helden geehrt, auch haben sie offiziell den Titel „Held der Ukraine“ bekommen – die höchste Auszeichnung des Landes. Veranstaltungen zum Gedenken an die „Himmlische Hundertschaft“ haben in der Ukraine bereits am 18. Februar begonnen – am Tag, an dem es zur Eskalation auf dem Kiewer Platz der Unabhängigkeit kam. Die Frage, wer die Menschen getötet hatte, wer die Erschießungen und andere Gewalttaten gegen die Protestierenden organisiert und koordiniert hatte, steht immer noch offen. Die Ermittlungen in Sache der Gewalt gegen die Protestierenden im Jahr 2014 führt eine speziell dafür gebildete Abteilung für Sonderermittlungen bei der Generalstaatsanwaltschaft. Zur Gerichtsbehandlung seien bereits über 200 Anklageakten über die Verbrechen während der Revolution der Würde übergeben, teilte der Leiter der Abteilung für Sonderermittlungen Serhij Horbatjuk in einem Interview dem ukrainischen Rundfunk am Montag mit.
O-TON: Ermittelt werden konkrete Episoden. Es geht um Ereignisse vom 30. November 2013 bis zum 20. Februar 2014, insgesamt über 3400 Episoden. Und das betrifft nur Kyjiw. Es wurden insgesamt 412 Verdachtsmitteilungen eingereicht. 252 Anklageakten wurden an Gerichte übergeben. Es gibt zur Zeit 50 Gerichtsurteile. Es handelt sich um Episoden, die mit Kleinbeamten oder sogenannten „Tituschki“ verbunden sind, den vom Innenministerium angeheuerten Personen für die Drecksarbeit: Sie sollen die Demonstranten des Maidan einschüchtern. Leider werden die Vorbereitungssitzungen in den Gerichten verzögert. Anstatt eines Tages dauern sie bis zu einem oder zwei Jahren lang.
Kiew, wo Protestierende getötet wurden, ist auch der Hauptschauplatz der Gedenkfeierlichkeiten. Am Gedenkkreuz in der Allee von Helden der Himmlischen Hundertschaft versammelten sich am Dienstagmorgen viele Menschen. Maidan-Teilnehmer, Veteranen der Antiterroroperation und nichtgleichgültige Menschen bringen Blumen und Kerzen mit, um die erschossenen Helden zu ehren und zu gedenken. Auf die Bäume haben sie weiße Papier-Engel gehängt. Diese Aktion finde nicht nur in Kyjiw statt, sagt Anschelika Rudnyzka, die Organisatorin der Aktion.
O-TON: Diese weißen Papier-Engel sind ein wunderbares Symbol nicht nur darum, dass die Helden der Himmlischen Hundertschaft für uns Engel sind, die unseren ukrainischen Himmel auf sich halten. Die weiße Farbe symbolisiert die Reinheit, Schuldlosigkeit und Selbstaufopferung. Die Papier-Engel verschwinden dann im Schnee und zeigen damit, dass das Leben so schnell vergeht. Jedes Jahr kommen immer mehr Menschen hierher und nehmen an der Aktion teil. Traditionell singen Stundenten hier Psalmen.
Diese Aktion fand nach den Worten von Anschelika Rudnyzka gleichzeitig auch in den westukrainischen Städten Riwne, Kolomyja und Lwiw.
Die Aufopferung, die Unbeugsamkeit der Helden der „Himmlischen Hundertschaft“ machte den Sieg der Revolution der Würde möglich. Am 21. Februar unterzeichneten die damalige Opposition und der Präsident Wiktor Janukowytsch unter Vermittlung von Deutschland, Frankreich, Polen und Russland einen Vertrag zur Beilegung des Konflikts. Am 22. Februar flüchtete Janukowytsch aus Kiew, die vormalige Opposition übernahm die Macht. Die Ernennung von Olexandr Turtschynow zum Übergangspräsidenten am 23. Februar markierte das Ende und den Sieg der Maidan-Proteste.
Olympische Winterspiele-2018: Ukraine mit einer aber goldenen Medaille
Bei der Jagd auf Medaillen im südkoreanischen Pyeongchang war die Ukraine leider nicht besonders glücklich. Nach dem Stand vom Freitag befand sich die Ukraine auf Platz 19 in der Mannschaftswertung. Nach dem 10. Wettkamptag teilten die Ukraine und Polen den 17. und 18. Platz im Medaillenspiegel der Olympischen Winterspiele 2018. Die ukrainische Mannschaft rückte wesentlich nach vorne, nachdem Olexander Abramenko die erste Goldmedaille im Ski-Freestyle gewonnen hat. Der 29-jährige Ukrainer setzte sich im entscheidenden dritten Finaldurchgang mit 128,51 Punkten knapp vor dem Chinesen Jia Zongyang durch, Bronze ging an Ilja Burow aus Russland. Bei den „Aerials“ im Ski-Freestyle geht es darum, nach dem Anlauf über einen sogenannten „Kicker“ - eine um 70 Grad angewinkelte Schanze - einen möglichst spektakulären Sprung durch die Luft und in den Schnee zu machen. Gewertet werden von fünf Kampfrichtern der Absprung, die rund zehn Meter hohe Flugphase und die Landung. Der Ukrainer Abramenko ist dabei ein Risiko eingegangen: er machte den Sprung, den er vorher nie gemacht habe. Dreifach-Salto mit vier Drehungen, zwei Drehungen - im letzten Salto.
O-Ton: 1:35 Da ich die letzte Saison wegen einer Verletzung pausieren musste, hatte ich wenig Zeit, diesen Sprung in den Schnee zu üben. Deswegen war das natürlich ein großes Risiko, das sich aber gelohnt hat. Ich habe es geschafft, meinen besten Sprung in diesem Winter zu machen.
Sagte Ski-Freestyler Oleksander Abramenko gleich nach dem Sprung.
Für die Ukraine ist das bisher die erste und einzige Medaille bei den Olympischen Winterspielen in Südkorea. Insgesamt wird das Land mit 33 Athleten vertreten, die in 9 von 15 Sportarten ringen.
Südkorea ist zum zweiten Mal Gastgeber für Olympische Spiele. 1988 wurden die Sommerspiele in Seoul durchgeführt. Nun trägt Pyeongchang vom 9. bis 25. Februar die 23. Winterspiele aus. Nach der Winterolympiade in Pyeongchang beginnen dort die 12. paralympischen Winterspiele. Ukrainische Paralympioniken werden an Wettkämpfen in 3 Sportarten: Skilanglauf, Ski Alpin und Biathlon teilnehmen. Die Paralympiade findet vom 9. bis zum 18. März 2018 statt.